Etwas wagen, aber verantwortungsbewusst

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Du kennst vielleicht die Geschichte des Spätheimkehrers, der im Dunkeln seinen Hausschlüssel verliert und ihn unter einer Strassenlaterne sucht, weil er ihn nur dort sehen kann. Ist dies nicht vergleichbar mit den Kommentaren bei den schon traditionellen jährlichen Aufschlägen der Krankenkassenpolicen? Auch sie erwecken den Eindruck, eine noch im Dunkeln liegende Betrachtungsweise dürfe nicht angesprochen werden, weil neue Lösungen nur im Licht gefunden werden können. Ein Gesundheitsökonom hat einmal geschrieben: «Einen Königsweg gibt es nicht.» Wir behaupten: Es gibt ihn, wenn die Medizin mit der selbstverantwortlichen Gesundheitsentfaltung ergänzt wird.

Die «Helmära» ist angebrochen

Könnte es sein, dass in zwei oder drei Generationen die 10er- und 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts einmal als «Helmära» bezeichnet werden, ein Zeitalter, in dem die Wohlstandsnationen immer sicherer, aber auch reglementierter werden und die Angst vor dem Tod prägend wirkt? Ein wesentlicher Teil der aktuellen Forschung dient diesem Thema, verbunden mit dem grössten Wirtschaftszweig, der auch eine entsprechende Bürokratie auf Trab hält. Die Vorteile sind gewaltig: Die Lebenserwartung steigt, Seuchen werden verhindert, Krebs ist kein Todesurteil mehr usw.

«‹Grossvater, wodurch hast Du es in Deinem Leben zu so viel Erfolg gebracht?›
‹Durch richtige Entscheidungen.›
‹Und wie hast Du gelernt, richtige Entscheidungen zu treffen?›
‹Durch falsche Entscheidungen.›»

Aus: Aldinger, Marco (2004). Ko(s)misches Bewusstsein.
Heuweiler: Verlag Marco Aldinger

Nachteile der «Helmärä»

Diese «Helmära» nimmt aber auch gewaltige Nachteile in Kauf: Die Freiheit wird abgebaut, die Lebenslust und die Suizide bleiben konstant, die Massenmedien beklagen Missstände oder beklagen den Hedonismus. Die staatlichen Abgaben wachsen stetig, oft unter fremden Titeln, vielleicht um die Staatsquote tief zu halten (in der Schweiz beispielsweise grosse Teile der Kranken- und Altersvorsorge). Das Gewicht reglementierender Kräfte steigt und Hochschulabsolventen werden oft keine Freiberufler und vermeiden damit Risiken aller Art. Man erinnere sich an den Bauernstaat vor 170 Jahren: Wer darbte, war oft gezwungen, auszuwandern und dabei eine Ungewissheit in Kauf zu nehmen, die wir heute kaum mehr ertragen könnten. Gleichen wir nicht zunehmend Schachfiguren, die innerhalb vorgegebener Regeln funktionieren und ihr Dasein einfach abspulen?

Flucht in unverantwortlich hohe Risiken

Wer das nicht erträgt, sucht dann vielleicht kompensatorische Abenteuer mit gefährlichen Sportarten, Reisen in Gefahrenzonen, Süchten oder Drogen aller Art. – Wie lernt ein Kind heute, mit Risiken umzugehen, wenn es nicht auf einen Stuhl steigen darf, mit dem Auto zur Schule gebracht wird und schon in jungen Jahren beim Herumtollen einen Helm tragen muss? Wie lernen Menschen mit Geldrisiken umzugehen, wenn ihr Arbeitsplatz und die Altersrente gesichert sind, und der Staat das Wohneigentum steuerlich benachteiligt? Wie kann jemand Verantwortung tragen, wenn er nicht auch altersgerecht lernt, vernünftig mit Risiken umzugehen?

Herausforderungen annehmen, Gesundheit entfalten – eine Chance!

Archetypisch sind Menschen geprägt von Forschergeist, vom Drang, Neues auszuprobieren. Heute aber möchten viele, dass andere dafür die Kosten übernehmen und sie durch Versicherungen geschützt sind (z. B. Komatrinker). Wer in Europa (v. a. in der Schweiz) scheitert, ist davon weit mehr sozial beeinträchtigt als beispielsweise in den USA. Kann das ein Grund sein, warum grosse Erfindungen meist dort gemacht werden und nicht in Europa? Sollte es den Chinesen gelingen, mit Taiwan vergleichbar, einen friedlichen Weg von der Diktatur zur Freiheit zu finden, so wird deren konfuzianisch geprägte Eifer und ihre Disziplin Menschen eher zu neuen Ufern führen, als ein möglicherweise verkrustetes Europa. Die individuelle Gesundheitsentfaltung wäre eine Chance für Europa und vorab der Schweiz, eine Vorreiterrolle zu übernehmen, um im Wohlstand und in der Sicherheit immaterielle Wert zu schaffen. Unsere Grundlagen erlaubten es, mit ausreichender Selbsterkenntnis die hiesige Kultur zu veredeln.

Freiheit, Risiko und Verantwortung gehören zusammen.

Freiheit, Risiko und Verantwortung gehören zusammen.

Wem vergönnt ist, gesund zu sein und in Dankbarkeit auf ein langes, erfüllendes Leben zurückzublicken, erinnert sich nicht ans Zähneputzen in vergangenen Jahren, sondern an bewältigte Herausforderungen, bedeutende Fehlleistungen inklusive. Beide waren mit Risiko verbunden, haben aber das Leben mehr erfüllt, als schicksalsbedingte Geschenke und Krisen. Frauen berichten, dass ihnen Geburten trotz enormer Schmerzen im Nachhinein grösste Genugtuung verschafft haben.

Eine gesunde Gesellschaft lebt in Freiheit und ist geprägt von Menschen, die in erster Linie im Umgang mit sich Verantwortung tragen. Wird ihnen solche für andere übertragen, so respektieren sie deren Grenzen. Und wenn sie Verantwortung für fremde Güter tragen, so verwalten sie diese so, als wären es ihre eigenen. Davon sind wir heute noch ein gutes Stück weit entfernt.

Bruno und Reto